Susanne Witt News

Evaluierung des Bildungszeitgesetzes in Baden-Württemberg

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Das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) evaluierte die Erfahrungen von Teilnehmenden und Unternehmen bezogen auf Weiterbildungsteilnahmen nach dem Bildungszeitgesetz, welches 2015 beschlossen wurde. Das Bildungszeitgesetz gewährt Beschäftigten, die ihren Arbeitsschwerpunkt in Baden-Württemberg haben, einen Anspruch auf Bildungszeit an bis zu fünf Arbeitstagen pro Jahr. Die Bildungszeit kann für Maßnahmen der beruflichen oder der politischen Weiterbildung sowie für die Qualifizierung zur Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten beansprucht werden. Hierfür werden diese vom Arbeitgeber unter Fortzahlung der Bezüge freigestellt. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg gab die Studie in Auftrag.

Weiterbildung hat in Baden-Württemberg eine feste Tradition. Die Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen liegt über dem Bundesdurchschnitt. Die Ziele der Weiterbildungen nach dem Bildungszeitgesetz sind, bezogen auf

  • Berufliche Weiterbildung: Diese dient der Erhaltung, Erneuerung, Verbesserung oder Erweiterung von berufsbezogenen Kenntnissen, Fertigkeiten, Entwicklungsmöglichkeiten oder Fähigkeiten.
  • Politische Weiterbildung: Sie dient der Information über politische Zusammenhänge und der Mitwirkungsmöglichkeit im politischen Leben.
  • Ehrenamt: Die Qualifizierung dient der Stärkung des ehrenamtlichen Engagements.

Im Fokus der Studie standen die zentralen Beteiligtengruppen des Gesetzes: Teilnehmende, Anspruchsberechtigte, anerkannte Bildungseinrichtungen und Träger, Unternehmen sowie zentrale Interessenvertretungen. Insgesamt wurden über 1.750 Fragebögen sowie leitfadengestützte Interviews durchgeführt.

Bildungszeit schafft Freiräume

Ein zentrales Ergebnis betrifft die Wirkung von Bildungszeit, welche zeitökonomische und monetäre Barrieren der Weiterbildungsteilnahme reduziert. Über 60 Prozent der befragten Teilnehmenden gaben an, dass sie die Maßnahme ohne die gesetzliche Freistellung nicht wahrgenommen hätten.

Die Lohnfortzahlung wird von Teilnehmenden während der Bildungszeit ebenfalls als positiver Effekt gewertet. Das Bildungszeitgesetz sichert hier sowohl den Lohn als auch den Urlaubsanspruch.

Kosten für Weiterbildungen

Die Ausgaben für berufliche Weiterbildungsmaßnahmen waren mit durchschnittlich über 3.000 Euro am höchsten. Dies wurde insbesondere durch längerfristige Qualifizierungsmaßnahmen wie Aufstiegsfortbildungen beeinflusst.

Die Kosten für Ehrenamtsqualifizierungen und politische Weiterbildungen lagen zu 75 Prozent unter 500 Euro. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Bereich der politischen Weiterbildung nur wenige Werte vorliegen.

Über die Hälfte der Arbeitgeber unterstützt finanziell Teilnehmende bei beruflichen Weiterbildungen. Ehrenamtsqualifizierungen werden häufig von Vereinen finanziell (mit)getragen (60 Prozent).

Weitere  Ergebnisse

  • Schätzungsweise 1,1 Prozent der Anspruchsberechtigten in Baden-Württemberg (hochgerechnet rund 53.000) nahmen 2017 Bildungszeit in Anspruch (ohne Ehrenamtsqualifizierung im Sport). Die Inanspruchnahme lag damit in etwa auf dem gleichen Niveau wie in anderen Bundesländern.
  • 34,5 Prozent der Anspruchsberechtigten ist das Bildungszeitgesetz bekannt, 34,4 Prozent dieser haben Bildungszeit in Anspruch genommen. Vor allem bei jüngeren Beschäftigten zwischen 18 und 44 Jahren (55 Prozent), Führungskräften (52 Prozent) und befristet Beschäftigten (58 Prozent) liegt eine höhere Inanspruchnahme vor.
  • Im Durchschnitt wurde für circa 4,45 Tage Bildungszeit in Anspruch genommen (berufliche Weiterbildung 4,47; Ehrenamtsqualifizierung 3,73 Tage; politische Weiterbildung 3,67).
  • 75,5 Prozent der Bildungszeit entfiel auf berufliche Weiterbildungen, 23,8 Prozent auf politische Weiterbildung und 0,7 Prozent auf Ehrenamtsqualifizierungen (ohne den Bereich Sport).
  • Die berufliche Weiterbildung hat aus Sicht der Anspruchsberechtigten (86,1 Prozent) und der Betriebe (78,0 Prozent) im Verhältnis zu anderen Bildungszeitbereichen den höchsten Stellenwert.
  • 67,8 Prozent der Unternehmen gaben an, dass Bildungszeit für Aufstiegsfortbildungen genutzt wurde; 45,2 Prozent der Unternehmen sagten, dass Bildungszeit von Mitarbeitenden für das Erreichen eines Studienabschlusses verwendet wurde. 3,4 Prozent der Unternehmen gaben an, dass an- oder ungelernte Beschäftigte ihre Bildungszeit nutzten, um sich beruflich fort- oder weiterzubilden.
  • 24,8 Prozent der Unternehmen gehen von einer Steigerung der digitalen Kompetenzen durch die Weiterbildungsteilnahme aus.
  • Bei fast einem Viertel der Träger erhöhte sich die Zahl der Teilnehmenden seit Gesetzeseinführung. Der Anerkennungsprozess wird durch die Träger größtenteils positiv beurteilt.

Quellen: