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Mit dem Ikea-Effekt zu einem besseren Verständnis erfolgreichen Lehrens – ein erster Eindruck von der DGWF-Jahreskonferenz

„Professionell unterrichten in der Weiterbildung“ lautete der Titel des soeben zu Ende gegangenen Eröffnungsvortrags der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF). Die so umrissene Zielperspektive der Freiburger Tagung deckt sich hochgradig mit den Zielen von wb-web. Zumal wenn wir den Untertitel des Vortrags hinzuziehen: „Evidenzbasierte Kriterien für ein sichtbares Lernen und erfolgreiches Lehren.“ Dem Kenner schwant, um wen oder was es im Vortrag ging – um niemand anderen natürlich als Hattie, den Neuseeländer mit der Mega-Meta-Studie „Lernen sichtbar machen“, die seit 2009 die Debatten um Didaktik und erfolgreiches Lehren und Lernen dominiert. Hattie war natürlich nicht persönlich da, dafür aber sein überaus eloquenter Übersetzer, Erschließer und Kommunikator Klaus Zierer, neuerdings Professor in Augsburg.

Humor gehört nach Hattie mit zu den lernwirksamen Faktoren des Lehrhandelns. Klaus Zierer mit seinem Eröffnungswitz im Einführungsvortrag der DGWF-Jahrestagung. Foto: Brandt

Er räumte, wie im Hattie-Wissenstransfer üblich, mit drei Mythen auf:

  1. der Wirksamkeit von Strukturreformen im Bildungsbereich,
  2. der Macht der Methoden und
  3. der Sinnhaftigkeit des Einsatzes der Neuen Medien.

Das Muster war dabei stets identisch: Strukturreformen, Methoden- und Medieneinsatz sind für sich zwar für den Lernprozess nicht schädlich, aber doch auch nicht in nennenswertem Maße wirksam. Sie werden es erst, wenn sie qualitative Veränderungen bei den Lehrenden auslösen, die wiederum höchst wirksam für den Lernprozess sein können.

Zum Beispiel wirken sich Strukturreformen, die kleinere Kursgrößen ermöglichen, erst dann als lernförderlich aus, wenn die Lehrenden die so entstandenen Freiräume nutzen, um ihre Lehre zu verändern. Zum Beispiel indem sie ein besseres Feedback geben. Besser ist ein Feedback zum Beispiel dann, wenn es nicht nur Aussagen dazu macht, ob Lernziele erreicht wurden, sondern auch, wie der Lernprozess bis zum gegenwärtigen Leistungsstand zu beurteilen ist. Die Königsdisziplin des Feedbacks aber wäre die Anleitung zur Selbstregulation der Lernenden: ihnen sagen, was sie tun müssen, um noch besser zu werden.

Eine Kernaussage von Zierer/Hattie, die ein bisschen quer zum Zeitgeist liegt, zielt auf die Haltungen, die erfolgreiches Lehrhandeln begründen: Lernen soll nicht leicht gemacht werden, es ist harte Arbeit, die Üben erfordert. Mit dem sogenannten IKEA-Effekt belegte er, dass Anstrengung kein Schaden sein muss. Im Schweiße des Angesichts selbst aufgebaute Möbel lägen vielen Menschen erfahrungsgemäß mehr am Herzen als teuer eingekaufte fertige.

Am Schluss mahnte Zierer, Lehrende mögen öfter über ihren Unterricht – im Weiterbildungssprech: die Gestaltung der Lehr-Lernsituationen – sprechen. Genau das wollen wir auf wb-web erreichen: das Lehrende aus allen Teilen der Weiterbildung in Dialog darüber treten, was wirksame Didaktik ist. Ich hoffe, dass im weiteren Verlauf der Tagung noch mehr Anregungen zu mikrodidaktischen Fragestellungen kommen. Sie alle – wie auch Hattie – gehören auf wb-web diskutiert.

Ach so: Gestern hatte ich im Rahmen eines Vorseminars zur DGWF-Tagung schon die Gelegenheit, wb-web der Community der wissenschaftlichen Weiterbildung vorzustellen. Das Feedback zeigt, dass das Interesse groß ist, aber auch strukturelle Hindernisse umschifft werden müssen. Mit der Hochschuldidaktik verfügt die wissenschaftliche Weiterbildung bereits über einen Bezugspunkt, zu dem wb-web ins Verhältnis gesetzt werden will. Es spricht viel dafür, hier keine Konkurrenzen, sondern Kooperationen aufzubauen.


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