gabi portz-wagner

In welcher Form bin ich in der Erwachsenen-/Weiterbildung tätig? Als...
MA Erwachsenenbildung
In welchem Bereich der Erwachsenen-/Weiterbildung bin ich tätig?
KEB
06562-931308
gabiportzwagner@gmail.com
Einige Sätze zu mir:

Mein Name ist Gabi Portz-Wagner, Jahrgang 1964. Beruflich habe ich verschiedene Abschlüsse gemacht; unter anderem  an der FH Trier Betriebswirtschaft studiert sowie Studienkurse bei der Maryland University European Division Bitburg Falculty abgelegt. 2012 habe ich einen kompletten Lebensumbruch erlebt. Um nicht wieder laut Arbeitsamt nur zu Hilfsarbeiten befähigt zu sein führte mich mein Weg wiederum an die Uni sowie zu einer Reittherapeutenausbildung. Diesmal die TU-Kaiserslautern, an der ich im Dez 2014 den Master in Erwachsenenbildung abgelegt habe. Meine Hobbys sind lesen, reiten und schwimmen.

Was lehre ich?

Nun zunächst habe ich eine Stelle als pädagogische Fachkraft an einem hiesigen Gymnasium inne. Dort kommt mir sowohl meine Reittherapeutenausbildung als auch das pädagogische Studium zugute. Kritisch erlebe ich dort das System Schule in ihren Facetten. 2015 bin ich zufällig durch eine Werbung in Facebook auf die KEB gestoßen. So kam es zum ersten Kontakt mit meiner neuen Zielgruppe - Flüchtlinge. Parallel dazu wurde ich ins "kalte Nass geschubst" und habe zum Wintersemester 2015/16 DaF an der Uni Trier gestartet.

Wer ist meine Zielgruppe?

Das einzige gemeinsame Merkmal meiner Gruppe ist "wir sind geflohen". Das bezeichne ich mal deshalb so, weil Fliehen viele Gründe haben kann und diese Gründe nicht immer deckungsgleich mit politischen Postulaten zu sehen sind.

Die Gruppe der Flüchtlinge unterteilt sich in Einzelpersonen hin bis zu Familien mit meist mehreren Kindern. Gegen Ende 2015 sind etliche Großfamilien in unsere Region gekommen. Die Altersspanne der zu Unterrichtenden liegt zwischen 18-62. Der berufliche Bildungsstand ist ebenso bunt gemischt - es reicht vom Grobmotoriker bis zum Feinmechaniker. Vom Analphabeten hin bis zum Neurochirugen. Es sind verhältnismäßig wenig Frauen dabei. Vermutlich einerseits, weil weniger Frauen bislang geflohen sind und andererseits diejenigen, die da sind, sich um die Kleinkinder kümmern müssen.

Ende 2015 sind extrem viele Syrer dazu gekommen. 2016 werden weitere Flüchtlinge erwartet, darunter vermutlich eine hohe Zahl von Klassischen Analphabeten. Abschiebungen sind auch ein Thema. Damit erhöhen sich die Stressfaktoren, die die Flüchtlinge bereits von der Flucht und dem Erlebten ihres Heimatlandes mitgebracht haben, um die große Unsicherheit und Angst im gelobten Deutschland bleiben zu dürfen. Folglich sind dies Faktoren, die der Lehrende stets mit im Hinterkopf halten muss und auch Einfluss auf die psychosoziale Hygiene des Lehrenden Einfluss haben.

Wie lehre ich?

Bedingt durch diese oben genannten Schwierigkeiten welche die Flüchtlinge per se schon mit sich bringen, bedingt durch das Willkommensangebot der KEB (Katholische Erwachsenenbildung) ein offenes Kursangebot anzubieten, bedingt durch Störungen der Lehr-/Lern-Kontinuität  (andere außenstehende Termine müssen innerhalb der Kurszeit erfüllt werden), bedingt durch schwierige räumliche Bedingungen,  bedingt durch die schlechtweg schwierige zu erschließenden Hintergrundinformationen - muss das Lernen und Lehren neu "erfunden" werden. Jedoch muss man auch bedenken, das die neuen Lerner grundsätzlich einen großen Vorteil haben: Durch die Fluchterfahrung, durch den Mut sich auf den Weg zu machen, ist grundsätzlich eine hohe Bereitschaft und Motivation vorhanden.

Grundsätzlich wurde im Juni 2016 mit Material gestartet, das über die KEB erstellt worden ist - zu dieser Zeit war ich alleinige Unterrichtende. Zusätzlich gab es ein Willkommens-ABC in Form von Bildkarten. Noch war das Lehren relativ unproblematisch. Mit Händen und Füssen, das eigene Englisch immer weniger nutzend, Gestik und Mimik einsetzen,.. Dann musste ich jedoch eine gesundheitlich bedingte Pause einlegen und fand im September eine neue Situation vor.

 Im September wurde auf ein Lehrwerk aus dem Hueber-Verlag umgeschwenkt, jetzt gab es zwei Unterrichtende und die Kurse wurden aufgrund der Größe und unterschiedlichen Leistungsstärke geteilt. Im Oktober wurde jedoch immer klarer, dass das Lehrwerk für einzelne Kursteilnehmer eine Überforderung darstellt. Dies wurde besonders im Schriftbild der einzelnen Teilnehmer deutlich. Da es dann auch die Bereitstellung von Geldern seitens des Arbeitsamtes für Kurse gab, wurden zusätzlich ein weiterer Kurs angeboten. In diesem Kurs wurde erstmals ein Alphabetisierungsheft aus dem Hueber-Verlag eingesetzt, welches das Lehrwerk in verkürzter und vereinfachter Form aufarbeitet und die Schreibfertigkeit fördert. In diesem Kurs helfen Fortgeschrittene als Hilfslehrer den Ungeübten.

Die Situation spitzte sich jedoch gegen Ende 2015 enorm zu. Während der Fortgeschrittenenkurs meiner Kollegin eine Teilnehmerzahl von max. 10 nicht überschritt, so kamen wöchentlich immer mehr neue Flüchtlinge hinzu. Wie der Zufall so will, kam ein Ehrenamtler auf uns zu - die Rettung! So wurde das Lernen umorganisiert und es lernten in einem Raum gemeinsam zwei Gruppen. Viel gegenseitige Rücksichtnahme ist erforderlich, das Einsetzen eines CD-Players undenkbar in dieser Situation. Die Situation wurde extremer, da zwar meine eigene Gruppe jetzt relativ stabil war, die Heterogenität in der Gruppe des Ehrenamtlers zunahm. Wiederum sollten wir von Glück beschert werden und eine weitere Ehrenamtlerin tritt an uns heran. So wurde in dem Raum ein Lernen für drei Gruppen entwickelt. Aber, die Grenze ist erreicht. Durch einen zweiten Arbeitsamtskurs, den jetzt meine Kollegin leitet, versuchen wir jetzt das Großraumlernen zu verringern. Die zweite Ehrenamtlerin unterstützt jetzt meine Kollegin in dem neuen Arbeitsamtskurs. Jedoch bleibt die Lage weiterhin prekär und wir sind auf der Suche nach einer dritten Ehrenamtlerin - zumal unser männlicher Ehrenamtler im April 2016 für längere Zeit ausscheiden wird.

Prekär ist die Lage auch insoweit, dass das Alphabetisierungsheft zwar wunderbar didaktisch aufgearbeitet und inhaltlich eine hervorragende Verkürzung des eigentlichen Kursbuchs darstellt, jedoch noch immer zu schwierig für den "klassischen" Analphabeten ist. Lehrende müssen sich von allen ihnen antrainierten Lernmöglichkeiten und -erfahrungen frei machen, denn es ist in diesen Fällen äußerst schwierig Ansatzpunkte zu finden, da diese Teilnehmer nicht nur in ein komplettes neues soziales Umfeld gelangen, sondern auch völlig ungeübt in Lernsituationen geraten, mit denen sie nicht zurecht kommen. Das wird das kommende Ziel sein, Möglichkeiten des Anknüpfens zu finden.

Derzeit liebäugel ich mit Material des österreichischen Integrationsfonds.

Wo lehre ich?

Nun, derzeit lehre ich im Auftrag der KEB in einem Pfarrheim der Gemeinde Irrel, wenige Kilometer von Echternach/Luxembourg entfernt. Zwischendurch habe ich bereits in den Wohnung einer Familie unterrichtet, demnächst werde ich grenznah in Bollendorf unterrichten.

Die Heterogenität ist auch in den Weihnachtsferien ein Thema, da wir das Angebot aufrecht erhalten, nicht nur um des Lernens willen, sondern auch im der allgemeinen Kommunikation und des Austauschs von Informationen. Da kommt es dann natürlich auch vor, dass Kinder der Familien auch dabei sind.

Die Heterogenität und das offene Lernangebot ist eine riesengroße Herausforderung. Meine Kollegin kommt als ehemalige Grundschullehrerin in dieses System und lernt auch täglich dazu.

Im Großen und Ganzen eine hochmotivierende und sehr befriedigende Tätigkeit.