Erfahrungsbericht

Von jetzt auf gleich in die Erwachsenenbildung

Das Bild zeigt einen Startblock aus der Leichtathletik.

Start (Bild: MonikaP / pixabay.com; CC0)

Die wenigsten planen den direkten Weg in die Erwachsenenbildung. Hier sind die verschiedenen Lebens- und Berufswege und ihre Beschreibungen immer wieder spannend und aufschlussreich. Tatjana Wanner sprach mit Gudrun Trentinaglia, die seit fast 40 Jahren in der Erwachsenenbildung aktiv ist – und nicht nur das.

 wb-web: Wie sind Sie eigentlich Erwachsenenbildnerin geworden?

Gudrun Trentinaglia: Dazu bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Anfang der 1970er Jahre hatte ich meine Sprachenausbildung als Dolmetscherin/Übersetzerin in Kassel beendet. Da fragte der kaufmännische Zweig der Berufsfachschule bei mir an, ob ich nicht Lust hätte, Deutschunterricht für Ausländer zu geben. Obwohl ich gerade mal Anfang 20 war, habe ich diese Herausforderung gerne angenommen, wollte das einfach versuchen. 


 wb-web: Was hat Sie daran besonders gereizt?

Gudrun Trentinaglia: Zunächst einmal war das eine große und spannende Aufgabe für mich. Denn die Nachmittags- und Abendkurse waren mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern besetzt, die nicht nur altersmäßig verschieden waren, sondern auch aus ganz unterschiedlichen Motiven die Kurse besuchten – von der Hausfrau bis zur beruflich motivierten Teilnehmerin war alles vertreten. Aber da ich meine Sprache sehr liebe, konnte ich diese Hürden selbst in diesen jungen Jahren ganz gut bewältigen.

 

wb-web: Wie ging es dann weiter?

Gudrun Trentinaglia: Ich hatte Feuer gefangen und übernahm auch noch andere Kurse. Später habe ich mich dann bei der Volkshochschule beworben, um dort Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch zu unterrichten. Das mache ich bis heute.

 

wb-web: Sie arbeiten aber nicht nur als Dozentin, sondern haben 1997 Ihre Firma Mercuriana Sprachendienste gegründet. Wie ist das mit der Dozententätigkeit vereinbar?

Gudrun Trentinaglia: Das ergänzt sich auf hervorragende Weise – ob der Übersetzungsservice, die Dolmetscherdienste oder die Angebote im Bereich Textverarbeitung. Dabei profitiere ich sowohl von der Arbeit in den Kursen als auch von der kaufmännischen Herausforderung im Verkauf und den zu erledigenden Dienstleistungen meiner Firma. Ich bilde und entwickle mich dabei stetig weiter. Neben der Tätigkeit in der VHS unterrichte ich auch bei Firmen vor Ort. Je nach Firmenauftrag gebe ich Deutsch-, Englisch- oder Französischkurse. Nicht zu vergessen: Ich arbeite auch noch in einem Nachhilfe-Institut mit, gebe Kindern Einzelnachhilfe und koordiniere die Einsätze von pädagogischen Mitarbeitern.

 

wb-web: Das klingt, als seien Sie stark ausgelastet?

Gudrun Trentinaglia: Ja, das bin ich. Aber mir bereiten diese unterschiedlichen Tätigkeiten viel Freude. Besonders interessant finde ich gerade ein Projekt in einem großen Konzern, der sich der Bildung von Flüchtlingen verschrieben hat. Die Zugewanderten sollen in Deutschkursen für den eigenen Betrieb wie auch für lokale Unternehmen fit gemacht werden. 

 

wb-web: Könnte man sagen, dass Sie die Erwachsenenbildung autodidaktisch gelernt haben, also durch learning by doing?

Gudrun Trentinaglia: Das ist tatsächlich so. Allerdings habe ich auch durch einen pädagogischen Lehrgang an der VHS viel dazugelernt. Ich bin grundsätzlich sehr interessiert, möchte neue Methoden kennenlernen und gehe selbst gerne in Kurse meiner vier Sprachen, um auch persönlich immer eine Stufe weiterzukommen.


wb-web: Was begeistert Sie an der Weiterbildung von Erwachsenen? Was ist Ihre Motivation?

Gudrun Trentinaglia: Ich finde meine Aufgabe sehr spannend und freue mich, wenn ich Menschen weiterhelfen, sie weiterbringen kann. Mit anzuschauen, wie sich selbst nach besonders schlechten Schul- und Lernerfahrungen sichtbare Erfolge abzeichnen, wie sich Menschen plötzlich trauen, eine Fremdsprache zu lesen oder gar frei zu sprechen – das motiviert mich außerordentlich. Wie oft bekomme ich rückgemeldet, dass meine Schülerinnen und Schüler endlich nicht mehr Blut und Wasser schwitzen, wenn das Telefon mit einer Nummer aus dem Ausland klingelt. Ich werde einfach nicht müde zu unterrichten ... Das Schöne ist ja, dass man die Erwachsenenweiterbildung auch noch in höherem Alter anbieten kann, vorausgesetzt, man arbeitet an sich, bildet sich selbst didaktisch, methodisch und thematisch weiter und passt die Themen an den jeweiligen Puls der Zeit an.

 

CC BY SA 3.0 by Tatjana Wanner für wb-web



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