Erfahrungsbericht

Lernberatung als guter Weg

Dass insbesondere die Lernberatung ein guter Weg ist, mit der Heterogenität der Teilnehmenden umzugehen, bestätigt die Arbeit der Koordinationsstelle Berufliche Weiterbildung in Bozen/Bolzano. Die Koordinationsstelle organisiert Kurse für größere Zielgruppen und führt individuelle Beratungen von Personen zur beruflichen Integration bzw. Neuorientierung durch. Über seine Erfahrungen berichtet Dr. Peter Litturi, ehemals verantwortlich für die Lehrerfortbildung im Bereich Italienische Berufsbildung. 

Waldweg mit Sonnenlicht am Ende

Lernberatung ist ein guter Weg, um mit der Heterogenität von Teilnehmenden umzugehen. (Bild: 44833/pixabay.com, CC 0)

Vielfältige Erfahrungen konnte die Einrichtung mit Kursen für Beschäftigte im Industriesektor sammeln, u.a. mit Sprachkursen, Arbeitssicherheitskursen und solchen für die digitale Alphabetisierung im Hinblick auf die (Wieder-) Eingliederung ins Berufsleben. Zur Sicherstellung einer an den spezifischen Bedürfnissen der Teilnehmenden ausgerichteten Konzeption, Organisation und Didaktik setzt der Dienst vor allem auf Formen der Lernberatung, wenn es um niedrig qualifizierte Zielgruppen geht. Dazu kommen die Kursteilnehmenden in ein Lernzentrum, wo sie über mehrere Tage von Lerncoaches einzeln bzw. als Gruppe begleitet werden. Vorrangig bearbeitet werden dabei die individuellen Voraussetzungen, das Vorwissen und die Motivation für den Kursbesuch sowie das Selbstlernen als große Herausforderung für Bildungsferne.

Neben der Orientierung und kognitiven Organisation (Was und wie und warum soll gelernt werden? Was besitze ich schon als Wissen, über welche Lernerfahrungen verfüge ich, wo anknüpfen und verankern?) liegt der wichtigste Effekte dieser Lernbegleitung u. a. im Erfolgserlebnis bei der Wiedererkennung eigenen, latenten Wissens und in der sozialen Erfahrung (Lehr-Lernverhältnis) der Anerkennung desselben. Aus der Bewusstmachung der eigenen Ressourcen bzw. der Befähigung zu deren Nutzung erwächst mehr Selbstvertrauen. Dies ist dabei hilfreich Lernbarrieren zu überwinden, beispielsweise durch die Akzeptanz des Nichtverstehens von Texten und dessen Überbrückung durch Nachfragen. Dadurch wird die volitionale wie die metakognitive Komponente des Lernens gefördert (Anstrengung und Orientierung/Pfadsuche und -findung). In der Interaktion erkennen die Bildungsteilnehmenden die soziale Bedeutung des Lernens. Es werden zahlreiche didaktische Online-Materialien im Rahmen von gemischten Blended-Learning-Kursen verwendet, die von privaten Bildungszentren in der Toskana im Rahmen eines EU-Projekts ausgearbeitet worden sind.

Umgang mit Heterogenität beginnt bei der Planung

Die Koordinationsstelle Berufliche Weiterbildung achtet darauf, dass Strategien zum Umgang mit Heterogenität bereits bei der Bildungsplanung eingesetzt werden. Die Auswahl der Referenten und Referentinnen durch die Berufsbildung bzw. die Berufsschulen als Träger der beruflichen Weiterbildungskurse richtet sich nach den Bedarfslagen der Zielgruppe. Dabei wird auf die für einen passenden Umgang mit der Zielgruppe erforderlichen Kompetenzen geachtet.

Durch Absprachen zwischen Koordinationsstelle, Berufsschule und Betrieb wird für einen Kurs gesichert, dass sowohl Methoden der äußeren als auch der Binnendifferenzierung angewandt werden. So werden beispielsweise die Kurszeiten an den gewohnten Arbeitsrhythmus einer Zielgruppe (etwa nur am Vormittag oder nicht nach 18 Uhr) und die didaktischen Instrumente an die oft weit zurückliegenden Bildungserfahrungen angepasst.

Unterstützend werden auch Tutoren und Tutorinnen bereitgestellt, z. B. bei Kursen für den Wiedereinstieg ins Berufsleben. Und schließlich werden zusätzlich auch Coachings angeboten. Dies ist z. B. bei den Kursen für die Erstellung eines Kompetenzpasses der Fall: Hierbei handelt es sich um einen stärkenorientierten Kurs von 20-25 Stunden, der sich über ein bis zwei Monate erstreckt und die Teilnehmenden zur Reflexion der eigenen Berufslaufbahn anregt. Eine solche Reflexion dient u.a. dazu, die Stärken und Kompetenzen der einzelnen Teilnehmenden zu erfassen – eine wichtige Voraussetzung, um Binnendifferenzierung zu realisieren.

Dr. Karl Gudauner ist Jurist und Publizist, als freiberuflicher Sozialforscher mit Themen des Arbeitsmarktes, der sozialen Sicherung und im Bildungsbereich befasst. Er war zwischen 1995 und 2012 Leiter des Südtiroler Arbeitsförderungsinstituts .

CC BY SA 3.0 by Karl Gudauner für wb-web


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