Buchvorstellung

Kompetenz im Konfliktfall

Das Bild zeigt das Buchcover.

Unbeachtete Konflikte können verheerend für den Verlauf eines Kurses sein und sollten deshalb weder vernachlässigt noch ignoriert werden. Dieses Buch liefert einen breiten Einblick in mögliche Konfliktszenarien aus dem Seminaralltag und bezieht die Methoden zur Handhabung und Prävention auf diese Szenarien. Die Autorin geht dabei nicht nur auf Konflikte im Seminar bzw. Kurs ein, sondern auch auf Konflikte im Seminarumfeld, mit Kollegen und Kolleginnen sowie mit Auftraggebern.

Ruth Pink ist Expertin für Kommunikations-, Kreativitäts-, und Konfliktmanagement und stellt ihr Wissen anderen Trainierenden in Train-the-Trainer-Seminaren und Einzelcoachings zur Verfügung. Die Diplom-Politologin ist als Lehrbeauftrage an der Technischen Universität München tätig und arbeitet seit 1989 als selbstständige Trainerin und Coach.

Für Profis und Einsteiger

Das Buch richtet sich vorwiegend an Trainierende, Seminarleitende und Dozierende, also an im Feld der Erwachsenenbildung praktisch Tätige. Es will dabei erfahrene Profis ebenso ansprechen wie Neueinsteiger (S. 7). Das Buch vermittelt auch Konflikt-Know-how-Grundlagen, ohne sich zu sehr in Theorien zu verlieren.

Konfliktszenarien aus der Praxis

Die Autorin baut das Buch thematisch anhand von praxistypischen Konfliktszenarien auf und geht mit eher theoretischen Modellen zur Erklärung von Konflikten dosiert und zugleich bewusst um. Die theoretischen Erläuterungen rahmen die zentralen Kapitel ein, die sich mit dem konkreten Handlungswissen zum Umgehen mit Konflikten befassen. Alle Kapitel bestechen durch die konsequente Orientierung an Fallsituationen. An den Fällen macht die Autorin theoretische Erklärungen und praktische Empfehlungen für den Umgang mit Konflikten fest. Anders als in vergleichbaren Werken nimmt die Autorin die gesamte Bandbreite von potenziellen Konfliktfeldern auf: Das „Vierer-Konfliktkreuz“ (S. 7) bezieht sich auf den Umgang mit Konflikten mit Teilnehmenden, Co-Trainern und Auftraggebern sowie mit Konflikten, die durch die Infrastruktur und die Rahmenbedingungen des Kursgeschehen entstehen – z.B. Konflikte mit dem Management eines Tagungshotels, in dem ein Kurs stattfinden soll. Das Buch schließt ab mit einem Überblick über theoretische, lösungsorientierte Modelle sowie mit nützlichen Soforthilfen und Tipps für Trainierende.

Im ersten Kapitel „Die K-Spirale: Konflikte, Krisen, Katastrophen und Kriege“ beschreibt die Autorin den Trainingsalltag von Seminarleitenden mit Hilfe von zwei Fallbeispielen. „Pannen, Pech und Dramen“ werden in jeweils fünf Schritten dargestellt, um hervorzuheben, an welchen Stellen Konflikte in Seminarabläufen eintreten können. Man erfährt etwas über Konfliktdefinitionen und Konfliktarten und lernt die neun Stufen der Konflikteskalation nach Friedrich Glasl kennen. Anschließend geht die Autorin auf die häufigsten Konfliktstile und ihre Auswirkungen ein und lädt mit reflexiven Übungen die Leserinnen und Leser ein, sich mit ihren eigenen Konfliktbewältigungsstrategien zu befassen.

Das zweite Kapitel „Konflikte im Seminar“ präsentiert heikle Szenarien in Seminaren. Die Autorin beschreibt angespannte Situationen zwischen den Trainierenden und der Teilnehmergruppe und mit einzelnen Teilnehmenden. Mit Hilfe des Gruppenprozesses während der einzelnen Seminarphasen zeigt die Autorin Erfolg versprechende Interventionsmethoden (S. 37) auf. Abschließend stellt die Autorin einige Methoden vor, wie Seminarleitende ihre Sprache als Deeskalationsinstrument (S. 37) einsetzen können.

Im dritten Kapitel „Konflikte mit sich selbst und mit Trainerkollegen“ fokussiert sich das Buch auf die „inneren Konflikte eines Trainers und auf Schwierigkeiten zwischen Trainerkollegen“ (S. 85). Erklärend verweist die Autorin darauf, dass diese Konflikte damit zusammenhängen, wie sich die Bedingungen der und Anforderungen an die Erwachsenenbildung gewandelt haben. Seminarleitende sind mehr als früher gefragt, ihre Rolle zu identifizieren und authentisch zu besetzen. Konflikte, die auf innere Fallstricke, wie z.B. verletzte Ehre, Perfektionismus, Unterschätzen der Teilnehmenden zurückzuführen sind, thematisiert die Autorin sensibel und konstruktiv. Schließlich geht es auch um Konflikte, die zwischen Trainierenden entstehen können, wenn sie als Trainertandem arbeiten – eine Konstellation, die in der Praxis der Erwachsenenbildung leider nicht mehr sehr oft möglich ist.

Das vierte Kapitel „Konflikte im Seminarumfeld“ beschäftigt sich mit den „Kunden und dem Veranstaltungspersonal“ (S. 119). Die Autorin rückt Hinweise und Umgangsformen zur Handhabung des Seminarumfelds in den Mittelpunkt, um möglichen Auseinandersetzungen bedarfsgerecht und angemessen zu begegnen. Diese Auseinandersetzungen können zum Beispiel aus störendem Verhalten des Personals des Veranstaltungsortes, nicht erfüllten Erwartungen der Teilnehmenden oder der Auftraggeber des Kurses liegen. In verschiedenen Schritten, die dem chronologischen Ablauf der Durchführung eines Seminars folgen, beschreibt die Autorin, was wann zu beachten ist und wie die Seminarleitenden mit auftretenden Konflikten kompetent umgehen können. Dies beginnt mit der ersten Kontaktaufnahme mit dem Auftraggeber, reicht über Vertragsregelungen mit dem Auftraggeber bis hin zur Absicherung des Lerntransfers in den Arbeitsalltag der Teilnehmenden. Aber auch hilfreiche Hinweise zum Umgang mit unzureichenden Rahmen- und Organisationsbedingungen sind hier zu finden.

Theoretische Grundlagen

Im fünften Kapitel „Konflikttheorien als Lösungsmodelle für die Praxis“ gibt Pink einen guten Überblick über bekannte Modelle wie bspw. Schulz von Thun (Die vier Seiten einer Nachricht), Watzlawick mit seinen Grundregeln der Kommunikation, Ruth Cohn mit der TZI. Die Autorin macht deutlich, welchen Gewinn die jeweiligen Betrachtungsweisen der verschiedenen Modelle für den Umgang mit Konflikten bringen. Zusätzlich stellt die Autorin Körperübungen vor, die in Kurssituationen sowohl konfliktpräventiv, als auch spannungsreduzierend oder konzentrationsfördernd eingesetzt werden können.

Das sechste Kapitel „Schnelle Hilfe für Trainer in Konfliktsituationen“ fasst die zentralen Informationen des Buches zusammen und stellt über eine FAQ-Liste (Frequently asked Questions) zentrale Praxistipps kurz und knapp zur Verfügung. Weiterführende Hinweise bietet die Autorin, indem sie hilfreiche Internetquellen auflistet und jeweils einen kurzen Teaser dazu verfasst.

Durch ansprechende Grafiken, Checklisten, Übungsvorschläge und Arbeitsmaterialien zu jedem einzelnen Abschnitt veranschaulicht die Autorin ihr Anliegen übersichtlich und so, dass diese Materialien umgehend in der Praxis ihre Anwendung finden können. Zu jedem Kapitel verfasst sie eine knappe, ansprechende Einleitung.

Ansprechend und anschaulich

Pink beschreibt verschiedenste Konfliktsituationen im Lehralltag von Erwachsenenbildern und Erwachsenenbildnerinnen, die in ganz verschiedenen Feldern tätig sein können, auf eine ausgesprochen anregende und für die Praxis anschauliche Art und Weise. Man findet eine Fülle gut sortierter und hilfreicher Praxistipps und Checklisten und findet viel Bekanntes und Vertrautes in den Szenarien und Fallbeispielen, die den Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung bilden. Leserinnen und Leser finden einen gut gefüllten „Methodenkoffer“ – gelegentlich vielleicht einen Hauch zu rezepthaft, da manchmal der Eindruck entsteht, es gebe nur eine Lösung für das jeweilige Problem.

CC BY-SA 3.0 by Ellen Schmidt für wb-web


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