Buchvorstellung

Schwierige Situationen in der Lehre

Das Bild zeigt das Cover des Buches.

Wie Lernprobleme durch eine didaktische Prävention reduziert werden können oder gar nicht erst entstehen, dafür bietet das Buch eine Fülle praktischer Vorschläge. In diesem Praxisleitfaden findet sich ein guter Überblick über die Ursachen von Konflikten, Störungen und Lernwiderständen in der Bildungspraxis.

Eva-Maria Schumacher ist Diplom-Pädagogin, Supervisorin, Lehrtrainerin und Lehrcoach (DVNLP), Gründerin und Leiterin von Constructif, einem Institut, das unter anderem Trainings, Coachings und Moderationen für Organisationen und Einzelpersonen anbietet. Seit 1996 ist sie vor allem im Bereich Personal-Organisationsentwicklung in Hochschulen aktiv.

Transfer in die Weiterbildung

Das Buch richtet sich an Lehrende im Hochschulbereich, ist aber durchaus auch für die berufliche Bildungsarbeit mit Geringqualifizierten geeignet. Die Autorin beschreibt mögliche Wege zur Minimierung von Konflikten, Störungen und Lernwiderständen so anschaulich, dass ein Transfer in die Weiterbildung ohne Mühe möglich ist. Die eingefügten Checklisten und die jedes Kapitel abschließenden Reflexionsfragen sind ebenfalls für den gesamten Weiterbildungsbereich nützlich.

Didaktische Prävention und Lösungsstrategien

Die Autorin hat einen pragmatischen Ansatz gewählt und setzt sich wenig mit möglichen Ursachen von Konflikten, Störungen und Lernwiderständen theoretisch auseinander. Vielmehr legt sie den Schwerpunkt auf die Frage, was Lehrende tun können, Lernen so zu gestalten, dass Konflikte, Störungen und Lernwiderstände minimiert werden können bzw. gar nicht erst wirksam werden. Störungen und Konflikte im Lernen werden als normale Begleiterscheinungen des Lernens in sozialen Kontexten angesehen.

Das Buch hat folgenden Aufbau: Nach einer Definition von schwierigen Lernsituationen im ersten Kapitel, wird im zweiten Kapitel erläutert, wie durch eine entsprechende didaktische Prävention potenzielle Konfliktursachen erst gar nicht entstehen. Das dritte Kapitel beschreibt Strategien und Interventionsmöglichkeiten im "Umgang mit Störungen, Konflikten und Lernwiderstand". Abschließend werden in Kapitel vier typische Widerstände und Konflikte im Überblick dargestellt und Lösungsstrategien demonstriert.

Die Autorin weist eingangs darauf hin, dass das professionelle Selbstverständnis der Lehrenden eine zentrale Rolle für die Entstehung von Konflikten, Störungen und Lernwiderständen spielt und Lehrende, die ihre Aufgabe ausschließlich in der Vermittlung von Wissen sehen, ungewollt Barrieren und Konflikte befördern. Lehrende sollen die Lernenden zum selbstverantwortliches Lernen anregen und die aus der Schule bekannte 'Komm, bring mir was bei'-Haltung aufbrechen. Sie sollen sich also nicht nur als Wissensvermittlerinnen und Wissensvermittler, sondern als Beratende, Moderierende und Lerncoachs begreifen.

Die Autorin warnt davor, Störungen und Lernwiderstände, die dem Lehrenden im Unterrichtsverlauf begegnen, vorschnell auf fehlenden Willen oder unzureichende Motivation der Lernenden zurückzuführen, sondern stärker darauf zu achten, welche Barrieren Ergebnis einer nicht gelungenen Kommunikation zwischen Lehrenden und Lernenden sein können. Ihre Regeln für eine verständliche Kommunikation gelten für alle Zielgruppen in der Weiterbildung. Es ist „wichtig,

  • sachlich und klar zu bleiben,
  • einfache und kurze Sätze zu verwenden,
  • Fachbegriffe zu erklären,
  • den roten Faden aufzuzeigen,
  • beim Thema zu bleiben und
  • die Kommunikation anschaulich zu gestalten.

Als kommunikationsfördernd gelten darüber hinaus: Ich-Aussagen, aktives Zuhören, Zusammenfassen, offenes Nachfrage, Weiterführen, Gefühle und Wünsche ansprechen; während Befehlen, Deuten, Bloßstellen, Ausfragen, Vorführen, Monologisieren, Projizieren, Verspotten, Bagatellisieren und Du-Botschaften eher kommunikationshemmend wirken.“ (S. 21)

Die Ausführungen und didaktischen Präventions- und Interventionsmöglichkeiten sind sehr anschaulich und machen deutlich, dass die Autorin die Praxis der Lehre in unterschiedlichen Kontexten gut kennt und um die Fülle möglicher Störungen im Lernen weiß. Für die Vorbereitung und Gestaltung einer präventiven Didaktik wählt sie den Begriff der didaktischen Dramaturgie aus, der auf Faktoren wie Tageszeit, Gewohnheiten, Raum oder strukturelle Störungen eingeht und entsprechende Gestaltungstipps gibt.

Ihre originelle Beschreibung der Lernhaltungen, wie sie sich auch in Bildungsangeboten für Geringqualifizierte finden, differenziert nach „besuchend, klagend, co-beratend bzw. co-moderierend oder kundig“ (S. 49) und bietet je spezifische Interventionsstrategien an. Die vorgestellten Methodentipps, die sie auch optisch ansprechend und übersichtlich in besonders gerahmten Kästen darstellt, liefern viele Hinweise für die Bildungsarbeit mit Erwachsenen, die über das Thema Störungen und Konflikte hinausgehen. Sie zeigen, dass die Autorin mit unterschiedlichen Bildungspraxen vertraut ist. So listet sie z.B. in den Ausführungen zur Steuerung von Lernprozessen auf, welche Voraussetzungen gegeben sein sollten, „Damit Störung gelingt!“

Im Kapitel 3 werden die gängigen Konfliktdimensionen beschrieben, die ambivalente Funktion von Konflikten skizziert und Konfliktarten dargestellt sowie mögliche Ursachen benannt.

Der Abschnitt Konfliktprävention und Selbstsupervision (Kap 3.2, S. 88 – 93) bietet Reflexionsangebote zur Haltung und zum Handeln von Lehrenden und integriert entsprechende Übungsangebote.

Den Abschluss bilden Fallbeispiele (S. 108 – 125), die sich in weiten Teilen auch auf die Bildungsarbeit mit Geringqualifizierten übertragen lassen. Für die Praxis ebenso relevant ist die Auflistung möglicher Ursachen für Lernbarrieren, bei der für jede Lernbarriere ein Vorschlag zur didaktischen Prävention formuliert wird und Handlungsempfehlungen zum konkreten Umgang mit den jeweiligen Barrieren skizziert werden.

Hohe Praxistauglichkeit

Unter der – zahlenmäßig sehr bescheidenen – praxisnahen Literatur zum Thema Lernbarrieren und Widerstände im Lernen zeichnet sich das Buch durch seine hohe Praxistauglichkeit aus. Lesende finden eine Fülle von Methodentipps, die für unterschiedliche Lernkontexte von Bedeutung sind. Sie können lernen, wie man vermeiden kann, als Lehrender zusätzliche Lernbarrieren zu erzeugen. Das Buch ist in einer leichten und ansprechenden Sprache geschrieben und verzichtet auf langatmige Theoriedarstellungen.


CC BY SA 3.0 by Rosemarie Klein und Gerhard Reutter für wb-web


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